Geschäftsprozesse auf virtuellem Bildschirm.

APIs im Supply Chain Management – das Ende von EDI?

Einsatz und Vorteile von APIs und EDI in Datenaustauschprozessen in der Supply Chain

In der Welt von EDI spielen branchenspezifische Standards eine wesentliche Rolle. Die möglichst gleichförmigen Implementierungen zum Austausch von Geschäftsprozessen machen die Systeme stabil, aber auch träge. Im Gegensatz dazu ermöglichen APIs Supply-Chain-Management in Echtzeit – transparent und steuerbar. Eine flächendeckende, organisations- oder sogar branchenübergreifende Implementierung scheitert jedoch häufig an fehlenden Standards. Dennoch gelten APIs als der Weg der Zukunft. Manche sagen EDI schon ein baldiges Ende voraus. Aber ist das wirklich der Fall? Nach Abwägen der Vor- und Nachteile sind APIs die Zukunft des Datenaustauschs. Sie werden in Zukunft besonders zeitkritische EDI-Prozesse ablösen. EDI bleibt bei etablierten Prozessen bestehen.

APIs im Supply Chain Management – Läuten APIs das Ende von EDI ein?

Supply-Chain-Management hat sich Mitte der 1990er Jahre in Deutschland etabliert. Es steht für die Überwindung interner und externer Unternehmensgrenzen. Der ganzheitliche Ansatz konzentriert sich auf die Steuerung und Verbesserung sämtlicher Produktionsschritte. Beginnend bei der Planung über die Beschaffung und Produktion bis hin zur Distribution werden alle Schritte des Datenaustauschs abgedeckt. Dies umfasst darüber hinaus auch Aktivitäten, die nicht im Einflussbereich eines einzelnen Unternehmens liegen.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einem funktionierenden, automatisierbaren Informationsfluss. Hierfür werden Geschäftsprozesse wie Bestellung oder Rechnungserstellung digital abgebildt. Aber auch zeitkritische Prozesse, wie sie bei der Just-in-Time Produktion auftreten, werden (teil-) automatisiert durchgeführt. Was in der Theorie hervorragend klingt, stößt in der Praxis häufig an Grenzen. Gängige EDI-Standards stammen auch in den 2020er Jahren noch von Standards aus den 1990er Jahren ab. Und das, obwohl es längst schon aktuellere Versionen gibt. Neben dem Prinzip „Never-touch-a-running-system“ kommt noch hinzu, dass die EDI-Standards viele Optionen zulassen. In der Praxis führt ein solch offener Standard also zu einer Vielzahl von mehr oder weniger stark von einander abweichenden Implementierungen. Darüber ist sicherzustellen, dass alle am Datenaustausch beteiligten Partner dieselbe Variante eines Standards umsetzen. Somit werden Standards in der Praxis zu Anwendungsempfehlungen degradiert.

Der Datenaustausch selbst erfolgt Dokumenten- bzw. Nachrichtenorientiert. Dies bedeutet, dass selbst bei kleinen Änderungen am Geschäftsprozess, die gesamte Nachricht mit allen beteiligten Partnern abgestimmt und von allen zum gleichen Stichtag umgesetzt werden muss.

APIs werden von vielen Seiten als Ausweg aus diesem Dilemma gesehen. Auch wenn APIs genutzt werden könnten, dieselben Nachrichten von A nach B zu transportieren, ist das jedoch nicht die dahinter stehende Idee. Vielmehr ermöglichen Sie durch das Aufbrechen der Dokumenten- und Nachrichtenstrukturen eine einfachere Durchführung dieser und gänzlich neuer Geschäftsprozesse. Supply-Chain-Management in Echtzeit mit APIs ist das ausgerufene Ziel. Läuten APIs also das Ende von EDI ein? Ein klares Jein.

APIs die Treiber von Interkonnektivität

APIs sind das elektronische Bindegewebe unserer heutigen globalen Welt. Sie sind in mittlerweile in fast jedem Stück Software enthalten, das mit anderer Software zum Beispiel über das Internet kommuniziert. Als Mittel zur B2B Datenübertragung sind sie jedoch recht neu. Für Unternehmen bringen sie Kostenvorteile, Effizienzsteigerungen und eine erhöhte Servicequalität. Sie verbessern bestehende oder ermöglichen sogar die Implementierung neuer Geschäftsprozesse. Nicht umsonst hat eine Studie von McKinsey das zu erwartende Gewinnpotenzial von APIs auf eine Billion US-Dollar beziffert.

Mithilfe einer sinnvoll designten API können voneinander unabhängige Systeme miteinander kommunizieren. Die API „liegt“ quasi zwischen den beiden Systemen. Sie schlägt die Brücke zwischen den Systemen und spezifiziert Format und Art der Datenübertragung. Doch das kann EDI ebenfalls. Spannend wird es, wenn APIs Teil der Geschäftslogik sind. Zum Beispiel dienen sie nicht ausschließlich zum Datentransport, sondern übernehmen auch Serviceaufgaben. So benachrichtigen sie beispielsweise ein System, wenn in einem anderen System bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Die meisten kennen das, wenn sie in einem Onlineshop etwas bestellt haben. Sie bekommen automatisch eine Nachricht, wenn die Zustellung des Pakets nicht mehr weit in der Zukunft liegt. Bei richtiger Implementierung bieten sie gegenüber EDI einen weiteren entscheidenden Vorteil: Supply-Chain-Management in Echtzeit mit APIs.

Supply-Chain-Management in Echtzeit mit APIs

Dieser Aspekt eröffnet Unternehmen die Möglichkeit, noch enger miteinander zu kooperieren. Informationen werden schneller über mehrere Stufen der Supply Chain weitergegeben. Große Logistikdienstleister nutzen oftmals sogar mehrere APIs, um ihr Warehouse Management zu verbessern. Über die Inventory Management API werden die Systeme der B2B-Kunden in Echtzeit über den aktuellen Lagerbestand eines bestimmten Produktes oder über freie Lieferkapazitäten informiert. Kunden können somit Lagerbestände direkt in einem Webshop in Echtzeit anzeigen.

Über solche APIs können Bestellrhythmen und Prozessketten präziser gemanagt werden. Gegenüber anderen Marktteilnehmern bietet das entscheidende Wettbewerbsvorteile. Damit eine API erfolgreich eingesetzt werden kann, sind jedoch einige Voraussetzungen zu beachten.

Hürden in der API-Entwicklung

Bei der Spezifikation einer API muss zunächst definiert werden, was die API leisten soll. Welcher genaue Service soll erbracht werden? Mit welchen bestehenden Systemen soll sie interagieren? Soll die API frei zugänglich sein oder nur für einen geschlossenen Teilnehmerkreis? Wie viele Abfragen der API werden erwartet? Und nicht zuletzt: Welches Geschäftsmodell soll die API finanzieren? Vor allem die ersten beiden Punkte müssen für Außenstehende nachvollziehbar gemacht werden, damit sie die API verstehen und richtig benutzen können. Darüber hinaus sind auch datenschutzrechtliche Aspekte zu bedenken, um einen Missbrauch der API zu vermeiden. Nicht zu vergessen, dass darüber hinaus intensive Test- und Iterationsphasen anfallen. Doch lohnt sich der Aufwand und kann ein KMU so etwas überhaupt leisten?

Ja, denn die Hürden aus Entwicklersicht sind wesentlich geringer als in der EDI-Welt. EDI-Entwicklung benötigt in der Regel Spezialisten oder die entsprechenden Dienstleister. Je weiter weg die Partner von den etablierten EDI-Märkten sind, desto schwieriger ist es, das benötigte Wissen und die erforderliche Erfahrung zu finden. Heutige Entwickler sind jedoch rund um den Globus mit APIs aufgewachsen. Denn die aktuellen APIs kommen urprünglich aus der Bereitstellung von Services auf mobilen Geräten. Die fängt bei Kartendarstellungen und Navigation an und geht bis hin zu automatischen Übersetzer-APIs die Videos mit automatisch generierten Untertiteln versehen.

Auch die Spezifikation von APIs ist vergleichsweise einfach. Insbesondere dann, wenn die eingesetzten Tools es ermöglichen, die bestehenden Datenstrukturen weiter zu verwenden.

EDI ein Auslaufmodell?

EDI ist nach wie vor der etablierte Ansatz zur Übertragung strukturierter geschäftsrelevanter Daten im B2B-Umfeld. Für eine positive Zukunft von EDI sprechen mehrere Aspekte. Die zwischen den Unternehmen eingerichteten Verbindungen bestehen bereits lange Jahre. Innerhalb der Branche haben sich bestimmte EDI-Standards etabliert. Sich nicht an diese Standards zu halten bedeutet in der Regel, die etablierten Verträge anpassen zu müssen. Erfolgreiche EDI-Projekte dienen als Referenz. Ihre Datenstrukturen bilden die Blaupause für weitere Implementierungen. Auch für den Datenaustausch zwischen den Branchen haben sich durch Konverter-Software und Mappings harmonisierte EDI-Workflows entwickelt. Durch die jahrelange Arbeit wissen Entwickler und Supporter worauf sie bei der Behebung von Fehlern oder dem Aufbau einer neuen EDI-Verbindung zu achten haben. Vielfach wird EDI von Unternehmen als sehr zuverlässig angesehen, weil sie denselben Nachrichtenstandard schon seit den 1990er Jahren verwenden. Never change a running system ist hier die Devise.

Gegen EDI spricht die geringere Flexibilität und Skalierbarkeit. APIs sind von ihrem Grunddesign darauf ausgelegt in ihrer Funktionalität flexibel zu sein und von wechselnd vielen Usern gleichzeitig verwendet zu werden. Dabei übermitteln sie nur den konkret benötigten Teil an Informationen. EDI-Nachrichten hingegen können so umfangreich sein, dass eine Übermittlung von akualisierten Informationen in einem kleineren Zeitfenster als 15 bis 30 Minuten technisch kaum zu realisieren ist. Die Fokussierung auf den Austausch von Geschäftsdokumenten bringt hohe Wartungs- und Pflegekosten mit sich.

Anders als beim Einsatz von APIs erhält der Absender beim Versenden einer EDI-Nachricht nicht standardmäßig sofort eine Eingangsbestätigung oder eine Rückmeldung. Natürlich lässt sich so etwas auch mit EDI realisieren. Jedoch bedeutet dies die Implementierung zusätzlicher (Rück-)Nachrichten.

Ist also die API die Lösung schlechthin?

Heutzutage werden oftmals die Vorteile von API durch die Notwendigkeit einer stärkeren Zusammenarbeit zur Erreichung von Kommunikationsstandards wieder aufgehoben. Anstatt einheitliche Datenstrukturen wie in EDI-Prozessen wiederzuverwenden, werden APIs unternehmensspezifisch implementiert. Dies fällt besonders ins Gewicht, wenn neue Handelspartner angebunden werden. Oftmals geben die größeren Partner ihren Lieferanten oder Kunden die zu verwendenden APIs vor. Spätestens jedoch, wenn es zu einer branchen- oder prozessübergreifenden Kommunikation kommen soll, entstehen große Inkompatibilitätshürden. Doch genau an dem Punkt machen Initiativen, wie sie derzeit von großen Standardisierungsorganisationen betrieben werden, Hoffnung.

Das klare Jein zu EDI

Als „alte“ Grundlagentechnologie funktioniert EDI gut, aber es hat auch seine Grenzen. Für funktionierende Prozesse eine neue Technologie einzuführen bedeutet für Unternehmen, Mitarbeiter aus dem Tagesgeschäft abzuziehen und damit einen Rückgang der Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu riskieren. Mit diesem Wissen im Hintergrund scheint es recht unwahrscheinlich, dass Unternehmen (kurzfristig) EDI vollständig ablösen. Etablierte EDI-Prozesse sind oft unternehmenskritisch. Sie bleiben bestehen, wenn es keinen zwingenden Grund zur Ablösung gibt. APIs sind die Zukunft des Datenaustauschs. Auf absehbare Zeit sind sie jedoch ergänzend zu EDI zu betrachten. Sie werden insbesondere dann frühzeitig eingeführt, wenn besonders zeitkritische Prozesse zu optimieren sind. Somit ist Supply-Chain-Management in Echtzeit mit APIs ein realistischer Ansatz. Eine vollständige Ablösung von EDI jedoch nicht.

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